Segen für den Lebensweg

Konfirmationspredigt über 4. Mose 6, 24-26


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!

 

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Gemeinde!

 

Söckchen von etwa dieser Größe (Babysöckchen werden gezeigt) habt ihr, die ihr heute konfirmiert werdet, vor 13 oder vierzehn  Jahren getragen. Vielleicht erinnern Sie sich, liebe Eltern, auch noch daran, wie ihr Kind in solchen Schuhen (kleine Kinderschuhe) die ersten Schritte gemacht hat. Ihr habt euch damals auf wackeligen Beinen die Welt erobert, vielleicht auch die Wohnung unsicher gemacht. -  Heute macht ihr einen Schritt aufs Erwachsenwerden zu und an einem solchen Tag denkt ihr, denken Sie wohl auch zurück an eure Kindheit. Wie es im Kindergarten war und dann beim ersten Schultag, was ihr erlebt habt in der Schule, in den Ferien, mit anderen zusammen. Den Kinderschuhen seid ihr jetzt entwachsen, die passen euch nicht mehr. Jetzt habt ihr mindestens Größe 37 oder sogar 42 oder noch größer. (weißer und schwarzer Turnschuh werden gezeigt).Wenn ihr an die Zeit zwischen diesen (Babyschuhen) und diesen Schuhen (große Schuhe) denkt, fallen Euch hoffentlich viele schöne Dinge ein.

Wenn ich an die Zeit zurückdenke, die ich mit euch als Konfirmanden erlebt habe, habe ich gute und schöne Erinnerungen: z.B. an die Konfi-Freizeit, wo wir immer Hausschuhe und Draußenschuhe wechseln mussten zwischen den Häusern, an so manche Gespräche im Konfi-Unterricht mit euch; oder an Spiele wie Blinzeln oder Knüppelspiel, bei denen gute Schuhe von Vorteil sind.

 

 Die Jahre bis heute haben euch eure Eltern und Verwandten begleitet und  beschützt. Als ihr Laufen gelernt habt (Kinderschuhe zeigen) und in eurer Kindheit haben sie euch an der Hand genommen (Frauenschuhe), in den letzten Jahren haben sie euch zur Seite gestanden (weißer Turnschuh statt Kinderschuh). Doch mit dem heutigen Tag habt ihr ein ganzes Stück mehr Verantwortung für euch selbst. Je älter ihr werdet, desto mehr Freiheit bekommt ihr. Die Balance zwischen Freiheit und Grenzen ist nicht nur für eure Eltern wohl manchmal schwierig – denn ihr seid ja noch nicht volljährig. Auch für euch ist es zwar einerseits angenehm, mehr selber bestimmen zu dürfen, andererseits aber, denke ich, manchmal anstrengend. Gerade bei wichtigen Entscheidungen, etwa: Wie setze ich mich in der Schule ein? Was möchte ich einmal für eine Ausbildung machen oder was studieren? (Wobei die Entscheidung da noch Zeit hat)  Wer soll mein Freund, meine Freundin sein? Was ist mir wirklich wichtig? - Freilich werden euch eure Eltern und Angehörigen weiterhin zur Seite stehen, aber an wichtigen Wegkreuzungen müsst ihr selbst  entscheiden, wohin ihr wollt. (Turnschuhe zeigen in verschiedene Richtungen.)

 

Für den Lebensweg, der mit all seinen Entscheidungen vor euch liegt, sollt ihr heute gestärkt werden. Deshalb werdet ihr nachher eingesegnet. Die Einsegnung ist einer der wichtigsten Teile bei der Konfirmation. Doch was hat es eigentlich mit dem Segen auf sich? – Segen steht im christlichen Leben an wichtigen Stationen: An der Taufe, der Konfirmation, der Trauung und auch an der Beerdigung. Außerdem (das wisst ihr) gibt es den Segen am Schluss vom Gottesdienst. Beim Segnen  werden die heilschaffende Kraft und Gnade Gottes für die, die gesegnet werden, erbeten.

Der bekannteste Segen bei uns ist uralt. Wir haben es in der Lesung gehört. Der sogenannte aaronitische Segen, geht auf den Priester Aaron, den Bruder von Mose, zurück. Mose hatte Aaron ja als Sprachrohr von Gott an die Seite gestellt bekommen, weil er selbst nicht so redegewandt war. Ich spreche noch einmal den Segen: (Er steht im 4. Buch Mose, im 6. Kapitel)

Der HERR segne dich und behüte dich. Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.

„Gott segne und behüte dich.“ In diesen Worten liegt der Wunsch, Gott möge dich behüten, gerade auch, wenn du einen schwierigen oder sogar gefährlichen Wegabschnitt vor dir hast. Xavier Naidoo singt es in einem Lied so: „Dieser Weg wird kein leichter sein. / Dieser Weg wird steinig und schwer“. Manchmal gibt es im Leben solche schweren Wege.

Ihr kennt die Worte aus Psalm 23, die wir vorhin auch gebetet haben: „Der Herr ist mein Hirte…Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück. Denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“ Auch in dunklen Tälern und auf schweren Wegen möge Gott euch behüten – als treuer Hirte, vielleicht auch mit Hilfe von Engeln – das ist der Segenswunsch.

 

 Zum zweiten: „Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir.“ Das Angesicht Gottes ist ein menschliches Bild. Doch wir können ja nur in unseren menschlichen Worten und Bildern von Gott sprechen (das habe ich gestern schon angedeutet). Auch Jesus hat von Gott als himmlischem Vater gesprochen – wie es z.B. das Vaterunser zeigt – Jesus hat Gott als ansprechbares Gegenüber begriffen.-  Gott hat ein Angesicht. Er ist nicht ein namenloses Schicksal, sondern ein persönliches Gegenüber; deshalb beten wir auch zu ihm. „Er lasse sein Angesicht leuchten über dir“ – dabei muss ich an leuchtende, strahlende Augen denken. Gott möge seine leuchtenden Augen und seinen himmlischen Glanz erstrahlen lassen, das ist der Segenswunsch.

 

„Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich.“  Das bedeutet, er möge dich anblicken, dir zugewandt sein. Gott möge dich mit Liebe anschauen, das wird dir gewünscht.

Und schließlich: „Er gebe dir Frieden“: So manches auf dem Lebensweg kann uns erschüttern, immer wieder ist man innerlich beunruhigt oder hin- und hergerissen. Da tut es gut, wenn uns Frieden gewünscht wird.

All das und noch mehr steckt in diesen uralten Worten. Wenn ihr so oder mit ähnlichen Worten gesegnet werdet, werden euch also Kraft, Glück  und Frieden gewünscht und für euch erbeten.

 

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Gemeinde, wer sich Segen zusprechen lässt, vertraut auf eine Macht, die größer und höher ist als wir: auf Gott. Wer auf Gott vertraut, erkennt an: Wir können nicht alles selbst machen, wir sind auf andere angewiesen, die uns helfen und begleiten. Zum einen auf Menschen: Wir wurden alle als wir klein waren, von Eltern, Verwandten, Freunden und anderen hilfreichen Menschen begleitet (kleine Schuhe und weiße Turnschuhe werden von Frauenschuhen begleitet).

Zum anderen sind wir auf Gott angewiesen. Natürlich müssen wir vieles selbst machen und uns so manches selbst erarbeiten, ihr seid z.B. in der Schule gefordert.  Doch letztlich sind nicht wir allein unseres Glückes Schmied, sondern das, was wir Gutes haben, ist auch eine Segensgabe Gottes.

Von dieser Einsicht handeln viele eurer Konfirmationssprüche: vom Vertrauen auf Gott, und vom Glauben an Jesus, der Gottes Liebe in Person war und gezeigt hat, was Gott will. -  Euren Kindersöckchen und -schuhen (werden gezeigt) seid ihr entwachsen, nicht nur eure Füße haben sich verändert, sondern wohl auch euer Glaube. Er wird sich wahrscheinlich auch noch weiter verändern, und Zweifel gehören dazu. Doch haltet an ihm fest, denn:

Der Glaube kann durchs Leben tragen, wie gute Schuhe (Wanderschuh wird gezeigt). Dass der Glaube trägt sage nicht nur ich, das erzählen mir Leute immer wieder. Eine ältere Dame, die ich besuchte, sagte einmal zu mir „Mein Glaube trägt mich, er hilft mir, mit dem, was für mich schwierig ist fertig zu werden.“ (Bei ihr war es ihre Gebrechlichkeit).

 

Im Konfirmandenunterricht  habt ihr beim Thema „Glauben“ eure eigenen Bekenntnisse aus neueren Glaubensbekenntnissen von Menschen des 20 Jahrhunderts zusammengestellt. Ihr habt das in vier Gruppen gemacht, und in drei der Gruppen habt ihr auf Glaubens-Sätze von Dietrich Bonhoeffer zurückgegriffen. – Wir haben hier zwei der Plakate, die rot markierten Stellen sind Worte Bonhoeffers. (Plakate hochheben). Der Theologe und Pfarrer wurde ja wegen seines Widerstands gegen die Nazis am 9. April vor 70 Jahren – kurz vor Ende des Krieges – hingerichtet. Ich lese sein Glaubensbekenntnis, das er Ende 1942 geschrieben hat im Zusammenhang:

 

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen

Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. (Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.)

Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Schicksal ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebet und verantwortliche Taten wartet und antwortet.

 

Im Gefängnis, wo Bonhoeffer ab Frühjahr 1943 war, wo er Verhören unterzogen wurde und unter der Einsamkeit litt, wurde sein Glaube angefochten - Briefe und Gedichte aus der Haft sind Zeugnis dafür. Doch obwohl er Ende 1944 seine mögliche Hinrichtung vor Augen hatte, - nachdem Akten gefunden worden waren, die ihn als Mitverschwörer gegen Hitler nannten, - schrieb er sein berühmtes Gedicht mit der letzten Strophe: „Von guten Mächten wunderbar geborgen/ erwarten wir getrost, was kommen mag. / Gott ist mit uns am Abend und am Morgen / und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

 

Liebe Konfirmand/innen, ich wünsche euch für euren Lebensweg, dass ihr ihn getrost und zuversichtlich gehen könnt. Dass euch weiterhin liebe Menschen begleiten, (Frauen- und Jugend-Schuh nebeneinander) dass ihr neue, gute Begegnungen macht (grüner Stiefel gegen schwarzen Turnschuh), und dass der Segen Gottes, den ihr nachher empfangt, euch Kraft und Mut geben möge für den Weg, den ihr mit euren jetzigen und mit den nachfolgenden Schuhen beschreitet.

 

Amen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn.

 

 

 

 

 

 

 



Autor: A.-K. Kapp-Kleineidam