Gott der gute Hirte behütet und ermutigt, die Stimme für Gerechtigkeit zu erheben

Johannes 10, 11-16


(11) Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte läßt sein Leben für die Schafe.


(12) Der Mietling aber, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verläßt die Schafe und flieht - und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie -, (13) denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe.

(14) Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich, (15) wie mich mein Vater kennt, und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe. (16) Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muß ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!

 

Liebe Konfirmationsgemeinde,

 

Ihr, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, seid nun also hier um eure Taufe zu bestätigen. Manche von euch sind hier getauft worden, andere an anderen Orten. Zumindest Eure Eltern, Paten und Angehörigen erinnern sich sicher noch an die Taufe, zwei von Euch haben auch eigene Erinnerungen an den Tag. Seit eurer Geburt und Taufe ist viel passiert. An einem Tag wie heute denkt man ja zum einen zurück. Alle, die zu eurem Fest gekommen sind,  - Sie, liebe Angehörige, - haben euch bis hierher begleitet, mehr oder weniger nah. Sie, liebe Eltern, haben Ihre Kinder unterstützt und gefördert, haben Verschiedenes mit ihnen durchgestanden, z.B. sie gepflegt, wenn sie krank waren, haben schöne Unternehmungen gemacht. Da gibt es sicher viele Erinnerungen. – Auch wir, die Konfi-Helferinnen und – helfer und ich, haben Euch, liebe Konfis, durch den Konfirmanden-Unterricht eine kleine Wegstrecke begleitet. Ich habe gute Erinnerungen an unsere gemeinsame Konfi-Zeit, von den Konfi-H. habe ich das auch gehört – und ich hoffe, das ist bei Euch auch so. Wir haben euch als eine gute Gruppe erlebt, aufgeschlossen und einfühlsam.

 

Doch neben dem Blick zurück und den Erinnerungen geht der Blick heute zum anderen nach vorne. Für euch ist der Tag heute auch die Schwelle in einen neuen Lebensabschnitt. Ihr seid keine Kinder mehr. In wenigen Jahren werdet ihr volljährig sein, habt immer mehr Rechte und Pflichten. Ihr schließt die Schule ab, macht eine Ausbildung oder ein Studium. In den kommenden Jahren werdet ihr euch mehr und mehr von euren Eltern lösen. Freilich bleibt ihr Kinder eurer Eltern und es ist auch als Jugendlicher und junge Erwachsene wichtig, dass verlässliche Menschen hinter einem stehen – und das sind in den meisten Fällen eben die Angehörigen. Dass liebe Menschen einen begleiten – auch wenn man räumlich getrennt ist – ist das ganze Leben hilfreich.

 

Begleitung und Fürsorge erfahrt ihr, erfahren wir aber auch durch Gott.  Das kommt im Bild vom guten Hirten zum Ausdruck. Ihr habt – unter anderem – den Psalm 23 auswendig gelernt. Im Englischen sagt man „to learn by heart“. Wenn man etwas auswendig kann, trägt man es am Herzen. „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“. Das ist so ein Satz für mein Herz, ein Satz, der mir klar macht, dass Gott für mich sorgt. Und vorhin haben wir in der Lesung gehört, wie Jesus zu seinen Anhängerinnen und Anhängern sagte: „Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Der Mietling aber, (…) dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht (und der Wolf erhascht und zerstreut die Schafe). (…) Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich.

 

Auf dem Land kann man öfters Schäfer mit ihrer Herde sehen. (Poster mit Hirte und Schafen) Es ist ein friedliches Bild: der Hirte mit Hut und Hirtenstab; um ihn herum oder neben ihm die Schafe (hier auf dem Poster ist auch der Hirtenhund und sogar ein Esel zu sehen). Das vermittelt eine große Geborgenheit. Die Schafe ziehen dem Hirten hinterher, dem sie vertrauen. Jesus nun ist kein Mietling, einer, der fürs Hüten nur gemietet ist und bei Gefahr feige wegläuft. Er ist auch kein dominanter Führer oder gar Tyrann, dem die eigene Macht wichtiger ist als das Wohlergehen derer, für die er da sein sollte. Nein, Jesus ist der gute Hirte, der sich ganz für seine Schafe einsetzt, sogar mit seinem Leben. „Ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich.“ – Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, Ihr habt in der Konfirmanden-Zeit von Jesus gehört und ihn näher kennengelernt. Wir haben neulich seine Leidensgeschichte bedacht,  seine Auferstehung haben wir an Ostern gefeiert. „Die Meinen kennen mich“ – wir kennen ihn, was er getan hat und was er für uns getan hat. Und er kennt uns, deshalb können wir uns bei ihm so geborgen fühlen wie ein Schäflein, das sich über seinen guten Hirten freut, wie wir es gerade in dem Lied „Weil ich Jesu Schäflein bin“ gesungen haben.

 

Damit will ich aber nicht sagen, dass wir dumme kleine Schafe sind, treudoof und unselbständig. Nein, Jesus hat seine Jünger und Jüngerinnen in seine Nachfolge gerufen. Er zieht als Hirte voran, wir ziehen als Schafe hinter ihm her, um im Bild zu bleiben. Doch Jesus nachzufolgen bedeutet, dass wir selbst gehen müssen, selbständig denken und handeln. Wir können uns auf unseren Hirten verlassen, aber er nimmt uns nicht das Denken ab. Nachfolge heißt nachdenken über uns und unser Verhältnis zu Gott und zu unseren Mitmenschen. Nachfolge ist manchmal auch anstrengend und unbequem, so wie Schafe und Hirte nicht nur bei Sonnenschein unterwegs sind, sondern auch bei Regen und Unwetter und in unwegsamem Gelände. Es ist zum Beispiel unbequem, Verantwortung zu übernehmen, da wo Unrecht herrscht, ob das in der Schule oder sonst im Alltag ist. Es ist nicht angenehm, gehänselt zu werden, wenn man sich mit Außenseitern abgibt, es braucht Mut, gegen Mobbing einzutreten oder eine eigene Meinung zu vertreten auch gegen Widerstände.   Doch Jesus ist uns dabei vorausgegangen, er hat es uns vorgemacht. Er ist für Schwache eingetreten, hat sich mit den Außenseitern von damals an einen Tisch gesetzt, ist seinen Weg konsequent gegangen.  – Und wir dürfen hoffen, dass er mit uns ist, wenn wir versuchen, ihm nachzufolgen. Dass er uns führt wie ein Hirte seine Schafe durch Wind und Wetter führt, Und dass er uns nicht verlässt, wenn der Wolf kommt, wenn uns Böses droht. Das Vertrauen, dass Gott mit uns ist auch in schwierigen Situationen und auf dunklen Wegstrecken wird besonders schön in Psalm 23 angesprochen: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück. Denn du bist bei mir, dein Stecken, dein Stab tröstet mich.“

 

Wer so betet, hat Vertrauen. Er oder sie weiß, dass man sich nicht gegen alles absichern kann. Ich wünsche es euch nicht, aber es kann auch Böses kommen, manchmal muss man im Leben finstere Täler durchschreiten. Aber einer begleitet. Selbst wenn kein Mensch da sein sollte. Gott geht mit durch die Dunkelheit. Er wird seine Schafe nicht verlassen. – Wir versuchen, uns gegen die Unwägbarkeiten des Lebens abzusichern, durch Ersparnisse, durch Versicherungen – manche auch durch Eheverträge. Aber gewinnen wir dadurch die Sicherheit, nach der wir uns sehnen?  Am Ende bleibt doch nur, ob wir das Vertrauen zu unserem Hirten haben, dass er uns durch die schwere Zeit begleiten wird, oder ob wir meinen, den Kampf allein ausfechten zu müssen. Viele von Euch, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, haben Sprüche vorausgewählt, in denen das Vertrauen auf Gott ausgesprochen ist. „Befiehl dem HERRN deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen.“ „Der Herr ist mein Licht und mein Heil, wovor sollte ich mich fürchten…“. „Weise mir, Herr, deinen Weg, dass ich wandle in deiner Wahrheit“. „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ „Alle eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für euch.“ – Ja, eigentlich kommt in allen euren Sprüchen der Glaube und das Vertrauen in Gott vor. Wir werden nachher noch die anderen hören.

 

Gott ist wie ein guter Hirte, er will mit euch sein und euch stärken,  das kommt in seinem Segen zum Ausdruck, den ihr heute erhaltet. Ihr werdet nachher eingesegnet, damit wird Euch Gottes Schutz zugesprochen und Kraft für den Weg, der vor Euch liegt. Ihr werdet gesegnet und gestärkt für Euren Weg in der Nachfolge Jesu. In dem Lied, was wir nun singen heißt es: (KAA 0109 gesungen): „Gott segne dich, behüte dich. Gott sei mit dir auf all deinen Wegen. Gott segne dich, behüte dich, wo du auch bist folge dir sein Licht. - Ich bin mit dir bis ans Ende der Zeit, so spricht der Herr, gibt dir sein Wort. Denn seine Güte reicht unendlich weit, leitet dich an jedem Ort“.   Ja, er ist mit uns und leitet uns wie ein guter Hirte. Zur Erinnerung daran habe ich eine Postkarte mit Hirte und Schafen für euch, und von der Stadtkirchengemeinde bekommt ihr euer Konfirmationskreuz, auf dem Euer persönlicher Spruch steht und Jesu Worte: „Ich bin bei Euch“.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn.



Autor: Pfarrerin Anne-Kathrin Kapp-Kleineidam