Weihnachten macht einen Unterschied

Titus 3, 3-7


3 Denn auch wir waren früher unverständig, ungehorsam, gingen in die Irre, waren mancherlei Begierden und Gelüsten dienstbar und lebten in Bosheit und Neid, waren verhaßt und haßten uns untereinander.

4 Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands,

5  machte er uns selig - nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit - durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im heiligen Geist,

6 den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland,

7 damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens würden nach unsrer Hoffnung.

 

In Christus, liebe Gemeinde hier im Seniorenstift am Glasenweiher, heute am Weihnachtsmorgen!

 

Weihnachten ist für mich wie... ?

 

Ja, wie ist es denn? Versuchen Sie das mal, bringen Sie den Satz zu Ende: Weihnachten ist für mich wie...

 

Weihnachten ist anders als die ganze übrige Zeit im Jahr. Weihnachten macht einen Unterschied. Wenn an Weihnachten alles so wäre wie immer, dann hätte Weihnachten seinen Zauber verloren, dann wäre es uns egal, dann würde es untergehen im profanen Alltag, wie etwa der Buß- und Bettag.

Aber weil es anders ist, deshalb warten wir jedes Jahr neu und mit Spannung darauf; selbst wir Älteren und Alten, die wir angeblich nichts mehr erwarten. Aber: Was macht den Unterschied zu der übrigen Zeit im Jahr?

 

Haben Sie gewusst, Unterschiede sind das Wichtigste im Leben! Dinge, Zeiten, Erfahrungen, die immer gleich bleiben, haben kein Leben, sind unbeweglich, starr, tödlich langweilig, ja tot!

Wenn alles so bliebe wie es ist? Stellen Sie sich das mal vor! Worauf sollten wir dann noch hoffen?

Vor einigen Jahren lief mal ein witziger Film im Fernsehen, der wurde immer wieder mal wiederholt, vielleicht haben Sie ihn gesehen: „Und täglich grüßt das Murmeltier“, da war ein Mann in eine Zeitschleife geraten und dazu verurteilt, jeden Morgen nach dem Aufwachen den exakt gleichen Tag wieder zu erleben. Er versuchte alles Mögliche, um da wieder rauszukommen, weil es schier nicht zu ertragen war, immer wieder, Tag für Tag das Gleiche, vom Frühstück angefangen...

Was für eine Wohltat also, wenn es Unterbrechungen gibt, Tage, an denen das Leben anders verläuft, als sonst.

Was ist bei Ihnen heute anders als sonst?

Die, die jetzt in der Stadtkirche oder in der Spitalkirche den Festtagsgottesdienst feiern, die das ganze Jahr über voll eingespannt waren im Beruf oder in der Familie, die werden froh sein, wenn sie heute endlich einmal Ihre wohlverdiente Ruhe und Behaglichkeit haben - das ist dann das andere heute, der Unterschied zum Alltag. Aber sicher macht das alleine noch nicht Weihnachten. Weihnachten ist ja mehr als „nur“ Urlaub!

Sie, die das ganze Jahr über mehr oder weniger alleine hier im Haus verbracht haben oder alleine in ihrer kleinen Wohnung saßen, werden froh sein, wenn heute vielleicht endlich mal Besuch kommt, die Kinder und die Enkelkinder vielleicht. Dann ist es das, was heute anders als sonst. Aber dies alleine ist auch noch nicht Weihnachten. Weihnachten ist mehr als der Besuch bei der Oma. 

Wenn sich an Weihnachten gar nichts ändert, dann könnten wir getrost darauf verzichten.

Ich glaube allerdings nicht, dass es an Weihnachten um die spektakulären Veränderungen geht. Die Welt ist morgen wieder die gleiche wie gestern. Aber die Unterbrechung, die die andere Möglichkeit, die neue Art zu leben andeutet, die tut gut, die macht den Unterschied zu sonst.

Noch mal die Frage: Was macht denn nun den Unterschied?

Der Predigttext heute verrät es uns:

Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, machte er uns selig dadadxc jksdbf ui4...

Als aber ... wenn ein Text so anfängt, dann markiert er einen Unterschied. Bisher war es so und so, jetzt aber ist etwas entscheidend anders, jetzt ist Weihnachten: jetzt erscheint die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes... 

Wie war es denn vorher, als die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes anscheinend nicht  zu sehen war? Der Schreiber unseres Predigttextes schildert es kurz und nüchtern,

Wir waren früher unverständig, ungehorsam, gingen in die Irre, waren mancherlei Begierden und Gelüsten dienstbar und lebten in Bosheit und Neid, waren verhasst und hassten uns untereinander.

 

So also ging’s vorher zu! Vor Weihnachten!

Und dann passierte was, etwas Neues, es gab einen Unterschied zu vorher: die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes offenbarte sich und ganz Entscheidendes veränderte sich im Leben der Menschen. Weihnachten: die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes wurden sichtbar auf der Welt. Das macht den Unterschied zu vorher.

 

Als Weihnachten vor 2000 Jahren stattfand, da zeigte sich Gott selbst in einem kleinen, neugeborenen, ziemlich hilflosen Menschenkind; recht unspektakulär. In ziemlich ärmlichen Verhältnissen zeigte sich Gottes Freundlichkeit, in einen Viehstall leuchtete das Weihnachtslicht seiner Menschenliebe. Inwiefern war das ein Unterschied zu sonst?

 

Es fing damit an, dass eine junge, bis dato ledige Mutter die Erfahrung machte: Mein Verlobter lässt mich nicht mit dem Kind sitzen, das nicht von ihm ist. Was für ein Unterschied zu sonst!

Und es ging damit weiter, dass lausige, frierende Hirten, die eher als roh und abgebrüht und stumpf und kriminell galten, dass solche Kerle zutiefst ergriffen waren vom Geheimnis der Geburt dieses Menschen. Sie machten die Erfahrung, dass sie fähig waren, sich anrühren zu lassen. Und sie loben Gott! Was für ein Unterschied zu sonst!

Und so ging es weiter: Mächtige Könige und Weise verbeugen sich vor einem armseligen Kind. Dinge geschehen, die man eigentlich erst jenseits menschlicher Realität erwarten würde. Gottes Freundlichkeit und Menschenliebe verändern die Welt von unten her, leise und verletzlich, sehr menschlich ... und trotzdem beharrlich, nicht aufzuhalten, immer wieder, schon seit mehr als 2000 Jahren, mit jeder Generation neu.

Wer ernsthaft anfängt die Wirkungsgeschichte von Weihnachten, von Gottes Freundlichkeit und Menschenliebe zu studieren, der wird damit erstens niemals fertig werden und wird zweitens die Erfahrung machen, dass Weihnachten bei den Menschen, die sich von ihm anrühren lassen, immer einen Unterschied setzt, und zwar in der Art, wie er in unserem Text beschrieben ist:

Erst  ist das Leben geprägt durch Unverstand, Ungehorsam, Irrtum, Begierde, Bosheit, Neid usw., aber dann ... Dann wird aus dem Unverstand  ein tiefes Verstehen, z.B. was den Sinn meines Lebens ausmacht. Je nach dem, vielleicht ganz schlagartig, vielleicht dämmert es so ganz allmählich, wächst, von Weihnachtsfest zu Weihnachtsfest; immer dann, wenn mir der Gottessohn begegnet, als hilfloses Kind im Weihnachtslicht oder als leidender Jesus am Kreuz oder im Osterlicht des auferstandenen Christus.

Weihnachten bedeutet dann weiter: auch bei den anderen schlimmen Dingen, dem Ungehorsam, dem Irrtum, der Begierde, der Bosheit, dem Neid usw. wird es nicht bleiben: auch dies alles wird sich verändern, wird auf den Kopf gestellt! Vor allem beim Hass wird es nicht bleiben! Die Freundlichkeit und die Menschenliebe Gottes erneuern die Welt.

Angefangen hat es zu Weihnachten vor mehr als 2000 Jahren ... und hat immer noch nicht aufgehört! Das ist es, was wir heute, an Weihnachten 2014 feiern, das ist es, was wir hoffen und das ist es, was wir jedes Jahr an Weihnachten erneuern lassen möchten: Die Hoffnung, dass die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes sich durchsetzen wird, auch 2015! Dass sie uns und die Welt verändern wird, und dass wir nicht die Alten bleiben, die wir vorher waren!

Mit dieser erneuerten Hoffnung im Herzen können wir die Veränderungen um uns und in uns auch wahrnehmen und leben! Schauen Sie mal, was sich bei Ihnen schon verändert hat an Weihnachten 2014. Vielleicht schlagartig, vielleicht ganz leise und kaum wahrnehmbar?

Wie bringen Sie nun Ihren Weihnachtssatz zu Ende?

Vielleicht so ähnlich?:

Weihnachten 2014 ist für mich wie ....  die Möglichkeit zu einem Neuanfang? Wie ein Zurückfinden zu dem, was mir schon immer gut getan hat? Wie ein tiefes, hoffnungsvolles Durchatmen? Wie ein Hoffnungsschimmer nach langer Nacht?

Ich wünsche Ihnen, dass Sie anfangen können sich zu freuen, weil Weihnachten ist, weil die Dinge eben nicht so bleiben wie sie sind.

Amen.

 



Autor: Pfarrer Hans-Helmut Bayer